
Uri ist ein Steinzeitmensch, ein Jäger und Sammler. Er ernährt sich hauptsächlich von Nüssen und Früchte. Ab und zu gelingt es ihm, ein schöner Fisch oder Wildbraten zu erwischen. Ab und zu stehen Leckerbissen wie Honig auf dem Menu.
Es kostet Uri und seinen Clan sehr viel Zeit und Energie, um ausreichend Nahrung zu finden und zu fangen. Er geht und läuft den ganzen Tag, er klettert Bäume hoch, wirft Steine und Speere, schleppt totes Vieh über vielen Kilometer zu seiner Höhle. Dank dieser Anstrengung sieht Uri recht muskulös aus und auch das jetzt so häufige Bierbäuchlein fehlt komplett.
Weil sein Leben körperlich so anstrengend und vielbewogen ist, genießt Uri so oft wie er kann und ohne Schuldgefühle kürzere und längere Pausen. Tagsüber gibt es da nicht so viel Ruhe, aber abends, wenn draußen die größere Raubtiere Herr und Meister der Welt sind, sitzen Uri und seine Clankameraden wohlig und warm um das Lagerfeuer herum, vollkommen zufrieden und in totaler Muße.
Wirklich, Fortschritt?
Seit etwa 2,5 Millionen Jahren bevölkert Uri die Erde. Seit etwa vierzigtausend Jahren ist Uri uns anatomisch fast vollkommen identisch. Seit etwa zehntausend Jahren hat sein Leben sich stark verändert, Dank die Erfindung der Landwirtschaft. Aber, immer noch war sein Leben hart und die Nahrung karg.
Erst seit ein paar Generationen ist der Großteil der westlichen Menschen nicht länger Bauer und ist das Leben – auf jedem Fall körperlich – weniger anstrengend und anspruchsvoll. Erst seit ein paar Generationen gibt es – auf jedem Fall im Westen – ausreichend Nahrung.
Einerseits ist das schön. Die Technologie hat unser Leben leicht gemacht. Wir brauchen nur die Kühlschranktür zu öffnen, statt zehn Kilometer ein Hirsch hinterher zu laufen. Nur den Wasserhahn aufdrehen, statt mit einem schweren Krug herumzuschleppen. Nur im Aufzug zu stehen, statt eine Felswand hochzuklettern. Im Haus ist es angenehm warm. Unser Bett ist trocken und sauber. Der Couch kuschelig und immer da.
Programmfehler
Der Fortschritt hat leider auch Nachteile, wie Obesitas, Herzkrankheiten, Krebs, Depression und Burn-out. Wohlstandskrankheit oder Zivilisationskrankheit, so wird das oft genannt. Komisch eigentlich. Nach vielen Millionen von Jahren ist unser Überleben weitgehend gesichert, und irgendwie vermasseln wir das mit neuen körperlichen und geistigen Krankheiten.
Man könnte sagen, es ist ein ‘Bug’, ein Programmfehler im Gehirn. Die Letze vierzig Jahrtausenden haben wir uns anatomisch nicht nennenswert geändert, und wir sind unser Vorahnen seit Millionen von Jahren immer noch sehr ähnlich. So teilen wir 99 Prozent unseren Genen mit den Schimpansen. Die Gesellschaft aber, hat sich evolutionär gesehen, die letze Zehntausend Jahren blitzartig schnell geändert. Sehr lange, fast wie immer, waren wir Jäger-Sammler, dann recht kurz Bauern, und auf einmal sind wir allen Smartphone-User und Tischjockeys. Ja, wirklich, du bist ein Smartphone-Zombie, ein Smombie 🙂
Was passiert, wenn du einen Schokoriegel siehst? Kognitiv weißt du, es ist nicht gut zu viel Schokolade zu essen. Du weißt es… trotzdem läuft dir das Wasser im Mund. Alle ‘Programmen’ in deinem Gehirn sagen: Für schlechte Zeiten brauchst du einen Fettspeicher. Fett und Süßes … schlag zu!
Was passiert, wenn du heute Abend endlich mal wieder zur Sportschule gehst? Gar nichts, du wirst nicht gehen. Die tiefere Gehirnschichten flüstern dir tausend-und-eins Ausreden ein, warum es wirklich besser ist, heute Energie zu sparen und auf der Couch zu hängen, am liebsten zusammen mit einer Tüte Chips. Morgen, ja morgen, wirst du wirklich mit diesem Fitnessprogramm anfangen. Du weißt, dass du dich selbst verarscht, und trotzdem kommst du nicht in Bewegung. Programmfehler.
