Es ist ein wunderschöner Frühlingstag und du entscheidest dich für einen gemütlichen Spaziergang im Stadtpark. Sorgenlos gehst du den Teich entlang, worin die Sonne in tausend Sternen auseinander funkelt und die Enten fröhlich quaken.
Plötzlich fällst du um. Aua, das tut weh! Von Widerwillen erfüllt, schaust du zu einem Pfeil, der tief in deinem linken Oberschenkel steckt. Ein Blutfleck weitet sich rasch aus, deine silbergraue Lieblingshose ist endgültig versaut.
Blitzschnell öffnest du deinen Rucksack und holst einen langen dicken Pfeil heraus. Es ist kein Zufall, dass du diesen Pfeil dabeihast. Den schleppst du immer mit dir mit. Für den Fall der Fälle… und das ist jetzt. Du greifst den Pfeil mit beiden Händen, die Pfeilspitze zu dir. Mit aller Kraft, die in dir ist, rammst du den Pfeil in deinen Körper. So viel Wucht steckt dahinter, dass der Pfeil dich ganz durchbohrt.
Hundekot im Park
Komische Geschichte, meinst du jetzt bestimmt? So etwas tut doch kein Mensch? Okay, ich erzähle dir die Geschichte nochmal, auf eine etwas andere Weise.
Gleich hast du ein Vorstellungsgespräch. Du bist unterwegs in deinem besten Anzug und hochpolierten tiefschwarzen Schuhen. Du entscheidest dich für den Weg durch den Stadtpark. Wie schön ist es heute. Die Sonne brennt sich rasch durch die letzten Resten des Frühdunsts. Du schließt deine Augen, die Sonne erwärmt wohlig deine Stirn.
Scheiße! Du kennst das Gefühl nur allzu gut: Deine Schuhsohle gleitet durch eine frische, fette noch qualmende Hundekackwurst. Dies war wahrhaftig ein meisterliches Exemplar, halb verschollen zwischen dem etwas zu hoch gewachsenen Rasen. Der braune Matsch ringelt sich das spiegelschwarze Leder entlang Richtung Socke hoch. Scheiße, scheiße, scheiße…
Wie konntest du nur so blöd sein? Wie machst du das alles wieder sauber? Vermutlich stinkst du wie die Sau, dort bei dem piekfeinen Unternehmen. Diesen Job wirst du nie bekommen, das ist schon sicher… nur weil du so blöd warst, um durch den Park zu gehen. Du hast gleich eine Laune, so schwarz wie deine Schuhe, der wunderschöne Frühlingsmorgen zum tiefsten versaut.
Schmerz und Leid
Nun aber zurück zu den Pfeilen. In den Hundehaufen treten, das war der erste Pfeil. Deine Gedanken, der Ärger, die Ängste, deine nicht allzu hilfreiche und konstruktive Reaktion darauf, das war der zweite Pfeil.
Mit diesem zwei Pfeilen erklärte der Buddha schon vor zweitausendfünfhundert Jahren das Leid der Menschheit.
Der erste Pfeil ist der Schmerz. Schmerz gehört zum Leben. Schmerz entsteht durch älter werden, Krankheit und Tod. Schmerz entsteht aus Ereignissen und Umständen. Was für ein Leben du auch führen magst, Schmerz wird immer da sein. Dieser Schmerz könnte sogar ein Pfeil in deinem linken Oberschenkel sein, aber meistens ist es ein Häufchen Hundekot oder eine andere Lappalie.
Es wird immer wieder Hundehaufen auf deinem Lebensweg geben, kleine und große Haufen. Manchmal wirst du reintreten. Das lässt sich einfach nicht vermeiden, jeder weiß das. Schmerz, der erste Pfeil, ist daher nicht so wichtig für dein Glücksempfinden. Dem zweiten Pfeil, darum geht’s.
Das Leid, Stress, entsteht durch deine Reaktion auf diesen ersten Pfeil: Der zweite Pfeil, den du selber auf dich abfeuerst.
Oder, anders gesagt: es ist Stress, den du selber über das Denken verursachst. Wenn du es zulässt, kann dieses vermeidbare Leid – dieser Denkstress – dein Leben ernsthaft ruinieren.
Denkstress – Stress, den du dir selber über das Denken zufügst – ist was du umgangssprachlich ‚Stress‘ nennst.
Schmerz ist unvermeidbar, Denkstress aber ist optional, vermeidbar.
Denkstress ist dein eigener Stress. Das klingt hart, ist aber tatsächlich die gute Nachricht. Endlich weißt du, wo du sein musst, um deinen Stress loszuwerden. Nicht bei deinem lauten Nachbarn, deinem kritischen Chef oder deinem meckernden Partner. Nicht bei diesen chronischen Schmerzen im Knie oder den unzähligen Projekten auf deinem Schreibtisch.
Du hast die Verantwortung. Nur du kannst etwas gegen deinen Stress tun. Willst du weniger Stress? Mehr Freude am Leben? Willst du mehr Energie und mehr innere Ruhe im Alltag? Das ist eine bewusste Entscheidung. Deine Entscheidung.
Wie übernimmst du diese Verantwortung? Mithilfe von Achtsamkeit, durch die Kultivierung der inneren Haltungen der Achtsamkeit.